Bläck Fööss 8. April 2005 Gesamtschule Weilerswist
Bericht von Christel Amberg-Wiegand (Langen/Hessen)

Nach der Session ist vor der Session - ein bisschen Karneval im April

Sich ausgerechnet als Hesse aufschwingen und einen Review schreiben wollen über ein Konzert der Black Fööss könnte vielleicht als anmaßend und als Majestätsbeleidigung aufgefasst werden ;-). Jesses, darf die das? Hat die auch Ahnung? Nee, hab ich nicht, noch dazu dass ich gestehen muss, dass mein erstes und bisher einziges Fööss-Konzert ca. 20 Jahre zurück liegt, nicht in heimischer Hochburg, sondern eben im hessischen Ausland, in der Nähe von Frankfurt in einem kleinen Bürgerhaus. Damals hatten die Fööss gerade mit Coverversion von Grönemeyers "Männer" einen echten Hit. Damals sind die Mannen echt befrackt aufgetreten, sah sehr eindrucksvoll aus und war wirklich ein tolles Konzert! Wie gesagt, ist schon ein paar Tage her …

Die ArGe fifty-fifty der Gesamtschule Weilerswist hatte eingeladen und Rolly (sich) damit einen großen Wunsch erfüllt. Die Aula auf "Groß" gestellt, den erwarteten Publikumsmassen gerecht zu werden. War auch gut so, die ArGe hat bestimmt einen ordentlichen Betrag in die Kasse bekommen, auch Dank des sicher guten Getränke- und Brezelumsatzes wegen. Hunger und Durst für den guten (Schul-)Zweck!

Es geht vom Fleck weg gut los. Auch das erste Konzert nach der Session (Anmerkung: nach der öffenlichen Probe tags zuvor) bedarf keiner Aufwärmphase. Man hat sich nicht vergessen und schon gar nichts verlernt und ich wundere mich ein bisschen, dass die Fööss das Programm mit "Trink doch ene mit" beginnen. Das hätte ich im Zugabenblock vermutet, aber hier ist das anders. Und es ist wirklich ein schöner Opener, macht gleich ne gute Stimmung. Bei der Gelegenheit und um alle Fragezeichen abschließend zu klären, "der Neue" heißt Andreas Wegener. Wahrlich kein Unbekannter. Als musikalischer Leiter, Arrangeur und Pianist/ Keyboarder von Kölsch Miljeu und Kölsche Weihnacht ist er natürlich mit den "kölsche Tön" bestens vertraut. Und auch bei Still Collins gibt's eine Menge zu tun für den Tastenmann. Er hat sich in den vergangenen Wochen das Repertoire draufgeschafft und Knoten in die Finger gespielt. Ich finde, er hat einen wirklich guten Einstand abgeliefert!

Egal ob 20er-Jahre-Boogie, Cha-Cha-Cha oder karibische Klänge, röckige Töne der 60er, die Fööss können wirklich jeden Musikstil locker aus dem Effeff und absolut perfekt umsetzen auf ihre Texte und die Stimmung in null Komma nix in alle Richtungen lenken. Auch mal durchaus besinnliche Töne haben da Platz. Eingängige Melodien laden zum Mitklatschen und Mitsingen ein, ab und zu krönt auch eine krachende oder jaulende Gitarre den Song. Und wenn es eigentlich ein Thema ist, das Ernsthaftigkeit verlangt, schaffen die Fööss spielend den Spagat, über Kriegsheimkehrer, Trümmerfrauen und zerstörter Stadt zu singen und eben trotzdem Fastelovend zu feiern, gerade dann. Die Lieder aus dieser Zeit spiegeln ein bisschen den Zeitgeist wieder. Ja! Trizonesien ist immer noch ein Gassenhauer! Demnächst wird es zum 60sten Jahrestag des Kriegsendes auch Konzerte mit Musik aus dieser Zeit geben. "Ussjebomb" heißt das Programm.

Mit fällt auf, dass das Publikum leider sehr laut ist. Sorry, diese Kneipengeräuschkulisse auf einem Konzert werde ich niemals verstehen. Und Erry bittet mit Recht die Herrschaften hinten an der Theke und auch im Saal um etwas mehr Ruhe, damit sein sein wunderschönes Liebeslied auch Gehör findet. Nur er mit Begleitung an den Keys und dezenten Drums. Ein bisschen wehmütig traurig die Geschichte der Veränderung einer großen Liebe, die im Alltag immer kleiner wird. Aber sonst ist das Verhältnis zum Publikum ungetrübt, ein Zuruf aus dem Publikum nach Superjeilezick erntet höchstens den Hinweis, dass die Kollegen heute in Prüm spielen und amüsiertes Gelächter.

Superjeilezick ist ja auch längst hier eingetreten. Feiern ist angesagt, schunkeln, mitsingen, klatschen, ein bisschen schwelgen in musikalischen und eigenen Erinnerungen. Ungetrübte Feierlaune, textsicher sowieso! Und dann die groooooße Liebeserklärung an die Schäl Sick, 100 Jahre lange verachtet, dreckig, verschlafen - und jetzt wacht sie auf! JUMP!!! Das perfekte Vorspiel furioso - hat Andreas mitgebracht. Super! Und hymnisch grüßen alle Stadtteile...

Für Abwechslung ist wirklich bestens gesorgt. Der Grundton liegt natürlich immer auf guter Laune, Musik zum Mitmachen. Manchmal sind da durchaus auch ernstere Worte versteckt, aber natürlich immer gut verpackt, damit es nicht zu nachdenklich oder gar besinnlich wird. So bekommt sogar der Tod eine karnevalistische Tabuthemenbetrachtung - am Tag der Papstbeerdigung eine schnodderige Textzeile "hört er das Vater Unser aus'm Cockpit vom Pilot…. es gibt ein Leben nach dem Tod". Das muss einem erst einmal einfallen. Gefällt mir. Das "Rheinische Grundgesetz" passt natürlich perfekt hinten drauf.

Zum Endspurt greifen die Fööss ganz tief in die große Kiste der "die-müssen-in-jedem-Programm-sein-Lieder" und mischen den Saal noch einmal ordentlich auf. "Kölle rut wieß" ist heute Abend Rolly gewidmet, Kölner Stadtgeschichte nach Fööss-Art, dann scheinen brasilianische Rhythmen die Aula kurzfristig nach Rio zu verlegen und nach dem vermeintlichen Abschiedslied und dem wievielten Heimatlied wie sie nur Köln kennt "Du bist die Stadt" kokettiert Erry doch tatsächlich mit einer Zugabe! Aber die Mühe mit Bühnenab- und -aufgang sparen sie sich natürlich, wo doch sowieso jeder im Saal weiß, dass ja noch nicht wirklich Schluss ist. Eines fehlt nämlich noch - unbedingt! Sakrale Klänge, mächtig viel Hall auf Peters tiefer Stimme kündigen das gute Wasser vun Kölle an. Es wird seeehr ausgiebig zelebriert mit dem Publikum, Spaß und gute Laune vor und auf der Bühne. Das ist wirklich ansteckend! Die Fööss und ihr Publikum kennen sich lange und gut. Sie wissen, was sie mit- und füreinander haben. Und es wären wirklich nicht die Fööss, wenn es nicht noch die aller-aller-aller-aller-letzte Zugabe gäbe, ohne die glaube ich kein Konzert zu Ende geht: die ersten Töne klingen schon an, doch sie wollen eigentlich nicht anfangen, bevor nicht Rolly mit auf die Bühne kommt. Es dauert einen Moment bis er am Mikro steht. Großer herzlicher Applaus für ihn und einen schönen Abend. Das Veedel singe ich auch mit, laut und gern, und jetzt weiß ich auch, warum sie das Konzert so angefangen haben wie sie es angefangen haben. Was hätten sie nach dem Veedel noch draufsetzen sollen?

Zum guten Schluß... die gespielten Lieder:
(keine Vollkommenheit bei den Titeln erwarten...)

1. Trink doch eine mit
2. Lück wie ich un du
3. Kaffeebud
4. Anita
5. Katharina Henot
6. Alle Krade dieser Welt
7. Ussjebomb
8. Trizonesien
9. Alles für uns jemaat
10. Et is einfach
11. Schääl Sick
12. Rheinhotel
13. Wenn et Leech usjeit im Roxy
14. Kathrin
15. Ein Leben nach dem Tod
16. Maach doch net esu ne Jeseech
17. 10 Gebote (Kölsches Grundgesetz)
18. Kölle rut wieß
19. Stammbaum
20. Ahl Säu
21. Bye bye my love
22. Du bist die Stadt
23. Dat Wasser vun Kölle
24. In unsrem Veedel

Text: Christel Amberg-Wiegand (vielen Dank dafür!)

Und nun ab zu den Bildern [ weiter ]

Fotos
von Michael Maye (früher coelle.de heute michaelmaye.de)

Das Konzert

Kunst der Schüler
(Fotos folgen)

 

Presse:

Express

Kölnische Rundschau Euskirchen

Kölner Stadt-Anzeiger Euskirchen

 

 

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