Im Nachhinein habe ich - wie viele Linke, die "links" nicht blind sind -
erkannt, dass "wir" - die Linken - den Ewig-Gestrigen solch wichtige
Begriffe wie "Heimat", "Vaterland", "Nation" und "Tradition" zu lange
überlassen haben - sehr zum Schaden des Selbstbewusstseins, das
sich die Menschen in der Nachkriegs-BRD gebildet haben und bilden
mussten. Diese Begriffe waren und sind "Reizwörter", denn sie sind
im hohen Grade mit Emotionen und vielfältigen Ideologien besetzt.

Emotionen und Ideologien sind geschichtliche Produkte:
Die jeweils Herrschenden bestimmen die vorherrschenden Gefühle
und Weltanschauungen. Das hat viel mit Texten, Musik und Bildender
Kunst zu tun. Eben weil die Linke - wegen der
undemokratisch-militaristisch-faschistischen Vergangenheit unseres Landes -
ihre Probleme mit Heimat, Vaterland, Nation usw. hatte, hat sie diese Orte
denen überlassen, die sie mit altem Müll und Schrott beluden - wenn auch
oft in neuer Verpackung. Mir war klar, dass irgend wann nach der Vereinigung
dieses Thema wieder auf die Tagesordnung der öffentlichen Diskussion gesetzt
werden würde. Und schon wieder sind es die Rechten, die sich erdreisten,
die denkenden, kritischen Menschen unseres Landes zu fragen, ob sie stolz sind,
Deutsche zu sein ... Dass während dessen Neonazis überall im Lande ihre Version
von "Stolz" mit Fäusten, Stiefeln, Brandsätzen und Bomben öffentlich präsentieren,
hindert die Vertreter der Parteien nicht, diese Frage an die zu richten, die gegen
den alten Ungeist und seine meist jugendlichen Vollstrecker angehen.
Oft wurde ich in der Zeit, in der die "stolz auf ..." - Debatte wieder aufflammte,
von Jugendlichen (SchülerInnen) und Erwachsenen gefragt, wie ich denn dazu
"stehe" ... Die Zeit des Sich-Drückens ist vorbei. Ich muss Antwort geben.
Ich glaube, dass meine Antwort aus Herz, Bauch und Kopf kommt.
Meine Antwort kann man so zusammenfassen: Ich sage ja zu meinem Land,
zu seinen Möglichkeiten, aber ich vergesse nicht das, was passiert ist,
und teile den alten und neuen Schandtätern mit, dass ich Wiederholungen des alten,
verbrecherischen Weges nicht hinnehmen werde.

Menschenland ist wörtlich zu nehmen: Land für Menschen, ohne
Ausgrenzung, aber nicht für Unmenschen ... Wenn ich das Lied singe,
überkommt mich das Gefühl, dass ich hier so eine Art Liebeserklärung singe.

Zu diesem Gefühl stehe ich ...

Gruß Rolly

Text: Minscheland

http://www.rollybrings.de/

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