„Gedenken an eine dunkle Zeit
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Kölnische Rundschau – STADTTEILE – Dienstag, 19. Mai 2015

Gedenken an eine dunkle Zeit

NS-Verbrechen gegen Sinti und Roma – Aufruf zur Toleranz

 

BICKENDORF. Von seinem Freund, dem „ahle Zijeuner“, sang Rolly Brings, von Ossendorf, „wo hä jebore wood“, aber auch von der Nacht im Mai 1940, als die Gestapo die ganze Familie „naaks usem Bett“ holte:
„Sing Jeich, die juuz, die laach un singk, bes dat em Oste de Sonn opblink, un kriesch öm sing Lück, die en Auschwitz jeblevve sin“, lautet der Refrain von Brings‘ Lied.
Als er es kürzlich bei der Mahn- und Gedenkveranstaltung an der Unterführung der HGK-Trasse an der Ecke Venloer Straße / Matthias-Brüggen-Straße spielte, „sang“ eine Geige mit:
Markus Reinhardt war für ein paar Stücke zur „Bänd“ gestoßen.
Alljährlich am 16. Mai wird vor der Gedenktafel an dieser eher unwirtlichen Ecke an die Verschleppung der Sinti und Roma vom nahe gelegenen einstigen „Zigeunerlager“ auf dem Platz des Vereins Schwarz-Weiß über den Bahnhof Deutz Tief bis in die Vernichtungslager der Nazis gedacht.
„Überlebt haben nur wenige, darunter Musiker, die in den KZ für die Deutschen Strauss-Walzer und Märsche spielen mussten“, erklärte Reinhardt den etwa 50 Teilnehmern der Veranstaltung.
Der Musiker lebt heute mit seiner Familie in Roggendorf-Tenhoven am Rande der Domstadt.
Auf ihre seit [vielen Generationen] angestammten [Plätze] im [Kölner Stadtgebiet] habe man die Sinti und Roma [nach dem Zweiten Weltkrieg] nicht mehr gelassen; ein Ausweichquartier im Grüngürtel sei als „Schandfleck“ bezeichnet worden, so Kurt Holl, Mitbegründer des Rom e. V.
„Aber die Diskriminierung geht weiter, etwa, wenn es um Bildung geht.
Unsere [Roma-]Kinder werden oft gleich auf Förderschulen verwiesen und haben so keine Chance auf einen guten Beruf.“
Bezirksbürgermeister Josef Wirges, der die Gedenkveranstaltung gemeinsam mit Rolly Brings vor einigen Jahren initiiert hatte, sieht ihre Bedeutung auch im Licht aktueller Fremdenfeindlichkeit.
„Hinter den Argumenten von Anwohnern gegen Unterkünfte für Flüchtlinge hört man oft heraus: ‚Die wollen wir hier nicht‘.“
Daher bleibt der Bezirksbürgermeister standhaft:
„Ob Regen, Sturm oder Schnee – nächstes Jahr stehen wir wieder hier!“
(hwh)

[Text neben dem Foto von Hermans]:
„De Jeich singk“: Markus Reinhardt (l.) und Janko Wiegand spielten Weisen der Sinti und Roma.

 

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