„Gemeinsam arbeiten, gemeinsam feiern
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Kölner Stadt-Anzeiger – QUER DURCH KÖLN – Donnerstag, 4. September 2014 – Seite 30

Gemeinsam arbeiten, gemeinsam feiern

EMMAUS-BEWEGUNG
Kölner Gruppe besteht seit 55 Jahren – Hilfe für Menschen am Rande der Gesellschaft

VON BERND SCHÖNECK

Niehl. Ein Luxus für Musikfreunde:
Während des Konzertes von Rolly Brings & Bänd konnten sich die mehr als 80 Besucher entspannt zurücklehnen – denn da es in der Second-Hand-Möbelhalle der Emmaus-Gemeinschaft Sofa- und Couch-Garnituren im Überfluss gibt, bildeten jene die Sitzplätze vor der Bühne.
Dort präsentierten der 71-jährige Bandleader und seine vier Musiker-Kollegen Wolfgang Klinger, Helmut Kraus, Klaus Strenge und Benjamin Brings als Gast ihren Liederzyklus „Adam & Eva – E Singspill met nüng Bilder“.
Die auf Kölsch musizierende Rock- und Blues-Combo zeigte ein manchmal rührendes, manchmal lustig-bitterböses Programm rund um das Thema Frauen, ihr manchmal geheimnisvolles Wesen und ihr ambivalentes Verhältnis zur Männerwelt.

Erlös geht in die Ukraine

Auch das neueste Bandprojekt mitsamt dreier Hörproben stellte Brings den Gästen vor:
Sie wollen Gedichte des jiddischen Lyrikers Itzik Manger (1901 – 1969) vertonen und aufnehmen.
Brings und seine Band-Kollegen waren die Ehrengäste auf der Jubiläumsfeier der Kölner Emmaus-Gemeinschaft.
Die 1949 vom französischen Priester Abbé Pierre * gegründete Bewegung mit 337 autonomen Gemeinschaften in 37 Ländern hat seit 55 Jahren auch einen Ableger in Köln.
Die Gemeinschaft um ihren Vorsitzenden Willi Does unterhält zwei Second-Hand-Verkäufe an der Geestemünder Straße und am Nippeser Baudriplatz.
Der Erlös des Konzerts – 730 Euro, von den Mitgliedern auf 1500 Euro aufgestockt – fließt an die Emmaus-Gemeinschaft im ukrainischen Lemberg (Lwiw).
Rund 20 Emmaus-Mitglieder, häufig aus schwieriger sozialer Lage stammend, wohnen am Lachemer Weg in Longerich, wo die Gemeinschaft auch ein Café betreibt.
Für ihre Arbeit etwa in der Möbel-Abholung, Werkstatt und beim Verkauf in Niehl sowie im Nippeser Lädchen erhalten sie ein Taschengeld und Sozialversicherungsschutz.
Auch etwa 120 Ehrenamtler helfen bei der Vereinsarbeit.
Und pünktlich zum Jubiläum erhält die Emmaus-Gemeinschaft einen Preis:
Am kommenden Sonntag nehmen die Mitstreiter im Rathaus den Ehrenamtspreis „Köln Engagiert 2014“ entgegen.

3 Fragen an: WILLI DOES

„Anders will ich nicht leben“

Herr Does, Glückwunsch zum 55-jährigen Bestehen der Gemeinschaft, deren Leiter Sie sind.
Wie lang sind eigentlich die langjährigsten Mitstreiter dabei?

WILLI DOES: Ich lebe mit meiner Frau schon fast 30 Jahre hier, anders will ich gar nicht mehr leben.
Außerdem feiern wir drei Jubiläen; Eine Dame und ein Herr sind 20, eine weitere Frau zehn Jahre hier.
Andere sind kurz bei uns – etwa ein junger Mann, der wegen seelischer Probleme sein Studium unterbrach.
Sofern wir Platz haben, nehmen wir jeden auf.

Das Konzert lief zugunsten der ukrainischen Emmaus-Gruppe.
Wie ist dort die aktuelle Lage?

WILLI DOES: Das ganze Land leidet unter der drohenden Spaltung.
Aber schon generell hat es die Gruppe schwer:
Wir können problemlos Hilfstransporte in Nicht-EU-Länder wie Bosnien schicken.
In der Ukraine ist das viel problematischer:
Der Staat ist korrupt, und Selbsthilfe ist in allen Ex-Sowjetländern etwas Verdächtiges.

Welche gebrauchten Gegenstände benötigt Emmaus am dringendsten?

WILLI DOES: Vor allem Elektro-Großgeräte.
Unsere Kunden können sich oft keine neuen Geräte leisten.

Das Gespräch führte Bernd Schöneck

[Text unter dem Foto von SCHÖNECK]:
Rolly Brings & Bänd spielten im Möbellager der Emmaus-Gemeinschaft. Die Besucher haben auf Sofas im Saal Platz genommen.

[* Rolly Brings war von 1968 bis 1969 Leiter der Emmaus-Gemeinschaft in Köln-Bocklemünd.]

www.emmaus-koeln.de

www.rollybrings.de (Bilder – EMMAUS wird 55)

 

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