Voll Hätz, Humor und Poesie
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Kölnische Rundschau – STADTTEILE – Donnerstag, 24. Februar 2011 – Seite 44

Voll Hätz, Humor und Poesie

Rolly Brings las aus seinem neuen „coLOGneBUCH II“

Von HANS-WILLI HERMANS

EHRENFELD Das öffentliche Musizieren gehört zur Familientradition, und so hatte der junge Mann keine Schwierigkeiten mit seinem alten Herren, als er Anfang der Sechziger „als [einer der] erste[n] Straßenmusiker Kölns“ sein Geld auf der Hohe Straße verdiente: „Mein Vater war selbst als Musiker in ganz Europa unterwegs gewesen; der hat für mich sogar Schmiere gestanden“, erzählte Rolly Brings seinem Publikum. „Die Polizei war damals nämlich nicht sehr humorvoll.“

Seit dieser Zeit jedenfalls stecke er vor einem Gang durch die Innenstadt immer Gauloises und eine Handvoll Münzen ein, schon aus Solidarität. „Bei üch drih ich de Mark nit öm. Spillt, spillt, bal han ich nix mih“, schildert er seine Begegnungen im Lied „Stroßemusikante“. Bei der Vorstellung seines neuen „coLOGneBUCH II“ im „Anderen Buchladen“ trug er es gemeinsam mit [Helmut Kraus und Wolfgang Klinger,] seiner „Bänd“ vor. Leute hat Brings in dem Band versammelt, die er bei seinen Spaziergängen traf und die nicht „wie ehr Schecksal su schläch“ sind, oder auch seine Mutter und seine Tanten, die HB rauchten und Tosca anlegten. Dazu Privathelden und –heilige wie Thomas von Aquin, Francesco Petrarca, die Äbtissin [Ida]von St. Maria im Kapitol und Heinrich Böll. Ein Schmölzje also, das Köln alle Ehre macht.

Dabei wird eine Vielzahl von Themen angesprochen, die einen Eindruck von Rolly Brings’ tiefer und nicht immer ganz einfacher Beziehung zu seiner Heimatstadt vermittelt. Der sehr persönliche Stadtführer enthält kurze, beinahe aphoristische Gedanken und Assoziationen, die sich etwa beim Betrachten eines Gebäudes einstellen. Am Generalvikariat leitet der Blick von der Plakette für den Jesuiten und Kritiker der Hexenprozesse Friedrich Spee [-] zu Gedanken über die Verschwörung gegen Katharina Henoth. Bei St. Andreas geht’s um das Frauenbild von Albertus Magnus. Manchmal reicht aber auch ein Blick in den Himmel – oder auf den Rhein: „Du stürzt aus den Wolken und kehrst dorthin zurück, du bist keiner, der wartet, oder?“

Michael Maye hat Fotografien zu jedem Text beigetragen, die den häufig leisen, poetischen Gehalt mit Hilfe ungewöhnlicher Perspektiven betonen. Aber kölsches „Hätz“ und Humor kommen nicht zu kurz, wenn Brings etwa die erste Dombesteigung mit seinem damals vierjährigen Sohn Benjamin schildert: „Vorher habe ich ihm noch die Christophorus-Statue gezeigt. Das hätte ich besser nicht getan, nun wollte er natürlich auch getragen werden. Der Aufstieg wurde mühsam.“

Ich bin ein notorischer Tagebuchschreiber. Aus den Jahren 1974 bis 1990 habe ich 90 Texte ausgewählt, die sich mit Köln befassen“, erzählte der engagierte Liedermacher und Autor den spürbar berührten Besuchern im überfüllten Buchladen.

Heimlicher Hit der Matinee war „D’r Düvel un dat Wiev us Frechen“, ein Lied im Dialekt seiner aus der Gegend von Bergheim stammenden Mutter und vorgetragen mit stark aufgerautem „r“. Darin dreht ein Bauer seine Frau dem Teufel an. Der hat nicht viel Freude an der wehrhaften Bäuerin: „Kaum wor dat Wiev erus us dem Sack, do hatt et allt dä Düvel beim Frack. Et ress im d’r Stätz aff, hä hüülte janz schrell. Hä sprung un hä höppte, wollt rus us d’r Höll.“

Als Zugabe die Beschreibung der Venloer Straße mit Kopftuchfrauen, Schulschwänzern, Simulanten; mit St. Joseph und Neptun, die um Sinnsucher konkurrieren und jungen Leuten, die in angesagten Lokalen Avantgarde spielen. Und Günter Wallraff bereitet dem Verfassungsschutz Überstunden: „Alles wie immer, denke ich noch“, schloss Brings die Impressionen aus seinem Veedel, „dann gehe ich zu ‚Strohhuts Eck’ und bestelle drei Reibekuchen.“


Rolly Brings

coLOGneBUCH II

mit Fotos von Michael Maye

Verlag Ralf Liebe, Weilerswist 2011

269 Seiten

15,- Euro

ISBN 978-3-941037-65-6

www.verlag-ralf-liebe.de

www.colognebuch.de

 

Fotos zur Veranstaltung


 

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