„ Die Piraten sind noch nicht an Bord“
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KÖLNISCHE RUNDSCHAU – 30. Juni 2010 – Stadtteile – Seite 34



Die Sätze „Edelweißpirate han se sich jenannt. Wo dat Blömche jeblöht hät, do wor Widerstand“ neben der Arbeit von Rolly Brings (Bild links) soll in allen 27 im Veedel gesprochenen Sprachen auf die Wand übertragen werden. Ganz vollendet ist das Werk von „Goodlack“ alias John Iven und Ron Voigt (Bild r., v. l.) auf einer anderen Wand unter der Bahntrasse an der Bartholomäus-Schink-Straße auch noch nicht. (Fotos: Hermans)


Die Piraten sind noch nicht an Bord


Mahnmal für getötete Edelweißpiraten und Zwangsarbei­ter soll nicht mehr übersehen werden


Von HANS-WILLI HERMANS


Ehrenfeld. Ein älterer Radfahrer biegt von der Venloer Straße in die Bar­tholomäus-Schink-Straße ein, blickt nach rechts auf die Wand unter der Bahntrasse und hält kurz an. Neuerdings marschieren dort Massen von grauen, gesichtslosen Soldaten, dahinter hat ein großes, sehr viel helleres Piratenschiff die Segel gesetzt – um in die entgegengesetzte Richtung auf­zubrechen.

Der Radfahrer sieht kurz zur anderen Straßenseite, wo sich Ron Voigt und John Iven mit farbverschmierten Arbeitsklamotten kurz für eine Zigaret­tenpause in die Sonne auf den Bürgersteig gesetzt haben. Und dann hebt der Mann anerkennend den Daumen und radelt vergnügt weiter. „Toll, be­stimmt 80 Prozent der Passanten können mit der Symbolik des Bildes so­fort etwas anfangen“, freut sich Graffiti-Künstler Iven, der mit seinem Partner Voigt das Team „Goodlack“ bildet und bereits einige Fassaden im Veedel verschönert hat.

Derzeit arbeiten sie im Auftrag des „Kuratoriums zur Herrichtung des Mahnmals für die Edelweißpiraten“, dem neben einigen Grünen- und SPD-Politikern, darunter Bezirksbürgermeister Josef Wirges, auch Vertreter des Unternehmens „Bahnbögen Köln“ angehören. Mit ihrem Entwurf sollen sie der oft übersehenen Erinnerungsstätte in der Bartholomäus-Schink-Straße zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen, mit der jener Edelweißpiraten und Zwangsarbeiter gedacht wird, die hier von den Nazis ermordet wurden. Und das Vorhaben lässt sich gut an: „Wir werden oft gerade von älteren Leuten angesprochen, die sich freuen, dass hier endlich etwas gemacht wird“, erzählt Ron Voigt. „Eine Dame ist sogar in Tränen ausgebrochen, echt krasse Komplimente.“ Noch sei das Werk aber nicht vollendet: „Auf das Schiff kommen natürlich noch Piraten, mit Gitarren und Mädels“, ver­rät Voigt.

Auf eine andere Wand wurde bereits eine Arbeit von Rolly Brings übertra­gen, die einen niedergeschlagenen Musiker vor einer offenen Tür zeigt, hinter der Gehenkte zu sehen sind. Daneben steht: „Edelweißpirate han se sich jenannt. Wo dat Blömche jeblöht hät, do wor Widerstand.“ Fertig ist das Werk auch noch nicht. „Die Sätze sollen in alle 27 Sprachen übertragen werden, die in Ehrenfeld gesprochen werden“, so Iven.

Noch frei ist die Wand vor dem Bahnbogen, in dem vormals ein Motorrad­händler ansässig war. Das Kuratorium würde den Bogen gern zur Gedenk­stätte ausbauen und dort Konzerte und Lesungen veranstalten. Die Ver­handlungen laufen allerdings noch. Und auf den beiden mächtigen Säulen an der Venloer Straße könnten Voigt und Iven die Konterfeis und Daten der Edelweißpiraten abbilden – wenn die Deutsche Bahn mitspielt.

Es bleibt noch etwas Zeit, denn erst [im] September soll das Kunstwerk mit einem Fest der Öffentlichkeit übergeben werden. Brings sind dazu eingela­den, die Bläck Fööss, Wolfgang Niedecken und selbstverständlich [die noch lebenden Edelweißpiraten mit] Jean Jülich. Weil der ehemalige Edel­weißpirat Jülich mit seiner Karnevalsgesellschaft „Die löstije Eins“ in der Welt des Fasteleer wahrlich kein Unbekannter ist, hatten sich die Hoffnun­gen des Kuratoriums auf die kölschen Jecken gerichtet, als kürzlich ein Spendenaufruf zur Finanzierung der Gedenkstätte gestartet wurde. „Leider blieb bis heute eine positive Resonanz seitens der KGs aus, nur Privatper­sonen haben bislang gespendet“, fasst Kuratoriumsmitglied Rolly Brings die Ergebnisse zusammen.

Rund 5000 Euro wird die erste Phase der Herrichtung des Mahnmals unge­fähr kosten. Brings weist darauf hin, dass die Spenden für das Mahnmal von der gemeinnützigen Bürgerstiftung Ehrenfeld angenommen werden und steuerlich abzugsfähig sind. Auf Wunsch kann sogar der Name des Spenders ins Wandbild integriert werden.


Informationen: www.rollybrings.de

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